Aus den zentralen Erkenntnissen des Forschungsvorhabens ar4wind können wir folgende acht Handlungsempfehlungen an die Praxis adressieren:
1 Sinnvolle Einbettung in Beteiligungsprozess: Das Format der Öffentlichkeitsbeteiligung sollte möglichst „ein geschützter Raum“ sein, der gut in einem übergeordneten Prozess eingebettet ist. Die Einbettung des AR-Tools muss dabei gut geplant und vorbereitet werden (Planung von Exkursionen, Vorab-Bestimmung von Visualisierungsstandorten, technische Vorbereitung von Testgeräten etc.)
2 Konkreter und unkritischer Planungsfall: Der Planungsfall, der durch das AR-Tool visualisiert werden soll, sollte möglichst konkret und unkritisch sein. Im Idealfall werden nur WEA visualisiert, über deren Planung und Genehmigung bereits mit der Gemeindeverwaltung, den komunalpolitischen Vertreter:innen und den betroffenen Anwohner:innen geredet wurde. Sind die Planungsinhalte bislang eher unkonkret, müssen unterschiedliche Planungsszenarien diskutiert, abgestimmt, eingerichtet und selbstverständlich auch vor Ort den Nutzer:innen des Tools erklärt werden. Das ist mit einem höheren zeitlichen Aufwand verbunden. Es birgt zudem die Gefahr, dass sich Missverständnisse ergeben, woraus sich eine potenziell unkontrollierbare Eigendynamik entwickeln kann.
3 Begleitung und Kommentierung: Bei der Visualisierung sollte immer eine kompetente technische und fachplanerische Kommentierung des Windenergieprojekts erfolgen. Die Spielräume und Grenzen der Planung gilt es stets offen zu kommunizieren. Eine Nutzung des AR-Tools erfolgt somit idealerweise im Rahmen von geführten Exkursionen (z. B. unter Einbindung von physischem Kartenmaterial) und nicht durch Einzelpersonen ohne fachliches und technisches Hintergrundwissen.
4 Technische Einweisung oder Schulung: Da das getestete AR-Tool auch mit optimierter Benutzeroberfläche noch nicht vollkommen selbsterklärend ist, ist eine Vorab-Einweisung bzw. Schulung der Nutzer:innen empfehlenswert, um eine korrekte Bedienung und Kalibrierung des AR-Systems zu gewährleisten.
5 Glaubwürdigkeit und Vertrauen durch Ad-hoc-AR-Visualisierungen: Selbsterstellte Ad-hoc-AR-Visualisierungen fördern bei korrekter Nutzung das Eintauchen in die virtuelle Welt (Immersion) und erhöhen das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit in die gezeigte Darstellung. Die optische Erscheinung der Planungsszenarien wirkt dann sehr real und wirklichkeitsgetreu. Im Vergleich dazu sind Video- und Fotomontagen unterlegen und erzeugen eher Skepsis.
6 Vorproduzierte AR-Videoaufnahmen: Als Alternative oder als Ergänzung zu selbsterstellten Ad-hoc-AR-Visualisierungen können auch Videoaufnahmen, die Expert:innen im Vorfeld mit dem AR-Tool produziert haben, in bestimmten Situationen sinnvoll sein, weil die Bedienung einfacher und weniger komplex ist und weil keine speziellen Testgeräte notwendig sind. Bei der Produktion der Videos empfehlen sich Stativ-Aufnahmen und langsame Drehbewegungen der Kamera.
7 Einfache Erstellung der Planungsszenarien: Neben einer möglichst nutzerfreundlichen Bedienung des AR-Tools sollte auch eine einfache und intuitive Möglichkeit existieren, das darzustellende WEA-Planungsszenario (Platzierung der virtuellen WEA) zu erstellen und in das AR-Tool zu integrieren (z. B. Erstellung der virtuellen WEA-Projekte über eine Web-Plattform).
8 Überregional verantwortliche Energiewende-Dienstleister: Um Visualisierungstouren ausrichten zu können, sollten sich die Kommunen im Idealfall an die für ihre Region zuständigen Energiewende-Dienstleister wenden können, die über das notwendige Know-how verfügen und unentgeltlich Unterstützung anbieten. Landesenergieagenturen, Dialogplattformen, Moderationsbüros und ähnliche Einrichtungen sollten geschultes Personal und entsprechende (Leih-)Geräte vorhalten.